Dienstag, 1. Mai 2007

Was bisher geschah (3) - Bericht über die AG in Hp1

Die Walburg AG
Lars-Christian Uhlig in Hp1 Modellbahn 4/2005

Anfänge und erste Ideen
Als Martin Balser und René Pabst mich auf dem Herbsttreffen 2003 in Garbsen mit einer großen Planrolle unter dem Arm fragten, ob ich Lust an einem großen Gemeinschaftsprojekt hätte, wollte ich bereits dankend ablehnen, weil mein eigener Modul-Bahnhof Epterode über den Status des funktionierenden Rohbaus noch nicht hinausgekommen war. Als sie dann aber ihren Plan ausrollten, erkannte ich genau den Bahnhof, von dessen Nachbau ich bereits vor fast fünfzehn Jahren geträumt hatte: Walburg (Hess-Nass). In diesem Bahnhof, an der Strecke von Kassel nach Eschwege gelegen, mündeten die Nebenbahnen von Großalmerode-West – mitsamt dem Bahnhof Epterode – und die Gelstertalbahn von Eichenberg kommend ein, wobei sich die sich die beiden Strecken zuvor im Bahnhof Velmeden vereinigten. Also handelte es sich eigentlich um das klassische, fast schon langweilige Thema eines Bahnhofs mit abzweigender Nebenstrecke – wenn, ja wenn dort nicht auch ein Ablaufberg existiert hätte mit einer Verteilgruppe aus lediglich fünf Stumpfgleisen. Dazu kam noch eine Lokstation mit Rechteckschuppen, eine kleine Ortsgüteranlage mitsamt Bahnmeisterei und ein Zechenanschluss. Da der Ortsverkehr relativ gering war, bot sich ein Nachbau von Walburg als kleiner Güterknoten für den FREMO geradezu an. Ich hatte gezwungener Maßen aber wieder Abstand vom Bau dieses im Original etwa 1,5 km langen Bahnhofs genommen, weil er selbst mit dem damals erhältlichen Weichenmaterial und starker Längenverkürzung mit etwa zehn Metern meine eigene Möglichkeiten bei weitem überstiegen hätte. Am (vorläufigen) Ende blieb die Faszination, die Walburg auf mich ausgeübt hat aber immer erhalten; und das nicht nur bei mir, denn in verschiedenen Zeitschriften wurden immer wieder Pläne für den Nachbau publiziert. Es dauerte also nicht sehr lange, dass ich meine Unterstützung für das Projekt Walburg zusicherte.

Mittels Mundpropaganda, unterstützt durch das hervorragende Planmaterial über den Bahnhof, konnte alsbald eine handvoll weiterer Mitstreiter begeistert werden. Bald schon war klar, dass eigentlich nur ein möglichst maßstäblicher Nachbau in Frage kommt, der auch die landschaftliche Situation mit Dämmen und Einschnitten, ja sogar die Steigungen im Bahnhofsbereich wiedergeben solle, wenn man schon in einer Gruppe baut. Da sich unter uns auch einige „Signalabhängige“ befanden, sollte nicht nur der Bahnhof in seiner Umgebung, sondern darüber hinaus auch die gesamte Sicherungstechnik nachgebildet werden, um später auch einen vorbildgerechten Betrieb durchführen zu können.

Am Rande von mehreren FREMO-Treffen und durch einen Aufruf im Hp1 konnten weitere Interessenten für unser Projekt gefunden werden, von denen sich schließlich zehn im Januar 2004 am Bahnhof Walburg zu einer ausführlichen Begehung trafen. Anschließend wurden in einer Gaststätte die Ziele, die bereits in einer eigens eingerichteten Mailingliste diskutiert worden waren, ein grober Zeitplan, aber auch erste konkrete Planungen für die Realisierung verabschiedet. Jedes Mitglied der Walburg AG unterzeichnete die gemeinsamen beschlossenen Regeln und erklärte sich bereit, einen monatlichen Beitrag für die Finanzierung des Baus zu leisten, den wir bis zum Jubiläumstreffen des FREMO im Herbst 2006 abschließen wollten.

Unsere Ziele
Ein maßstäblicher Nachbau war in Zeiten, in denen maßstäbliche Weichen als Bausätze lieferbar sind – schließlich ist Joachim Wahl auch Gründungsmitglied unserer Gruppe – gar kein Diskussionspunkt, genauso wie der Selbstbau aller Gebäude und die großzügige Darstellung der realen Landschaft. Die Standards der Gruppen H0fine, FREMO:87 und H0-RE-QS wurden Orientierungspunkte für uns. Bei der Wahl der Norm gab es überraschenderweise auch Einklang, es kam nur H0-Europa nach NEM 310 in Frage, obwohl einige von uns hauptsächlich bei anderen Normen (FREMO:87 oder H0fine) zu Hause sind. Aber schließlich wollen wir richtigen Betrieb mit vielen Wagen, langen Zügen und vielen Mitspielern machen können, wie es ihn bislang nur bei H0-Europa gibt. Dazu gehört für uns selbstverständlich auch ein vorbildgerechter Einsatz von Sicherungstechnik, wie er seit einigen Jahren im FREMO zunehmend diskutiert und bei kleineren Projekten auch realisiert worden ist. Mit unserem Projekt wollen wir die Sinnfälligkeit von Sicherungstechnik gerade für größere Betriebsstellen nachweisen. In Walburg existierten zwei mechanische Stellwerke (Wf im Empfangsgebäude und Ww am Bahnhofskopf in Richtung Kassel), die wir ebenfalls nachbilden wollen. Obwohl die Weichen motorisch gestellt werden, planen wir die funktionsfähige Nachbildung der Hebelbänke. Das Baumuster eines Hebels im Maßstab 1:5 existiert bereits, Lösungen für die Verschlussmechanik müssen allerdings noch gefunden werden.

Planung und Arbeitsteilung
Die Mitglieder unserer Arbeitsgemeinschaft wohnen sehr weit verstreut, so dass wir uns Methoden für die Arbeitsteilung überlegen mussten. Wir vereinbarten, wer für Teilbereiche wie Planung, Weichen- und Gleisbau, Holzarbeiten, Gebäude- und Landschaftsbau federführend ist. Dabei sollte jeder einzelne seine besonderen modellbahnerischen Erfahrungen und Fähigkeiten einbringen können, aber jeder auch vom anderen lernen. Möglichst viele Arbeiten sollten dezentral allein oder in kleinen Teams erledigt werden.



Die Planung der Segmente erfolgte auf Grundlage der originalen Lagepläne des Bahnhofs in seinem Zustand von 1963. Ausgehend von den Weichenplänen hat Heiner Tonndorf „unser“ Walburg dort verkürzt, wo immer es ging. Als Raster haben wir Segmentgrößen von maximal 1 x 1,5 m angenommen, um möglichst wenige Trennungen in den Weichenstraßen zu haben. Am Ende haben sich immer noch 16 Kästen ergeben, die insgesamt eine Fläche von etwa 16 x 6 m einnehmen. Um den Bahnhof mit seinen großzügigen Bögen in Richtung Kassel und Großalmerode auch möglichst realistisch in die Landschaft einzupassen, hat René eine Kleinstkontrollanlage gebaut, mit deren Hilfe wir die Planung der Segmente nochmals verfeinert haben.

Nachdem der Lageplan fertig war, wurde eine akribische Planung aller Kästen angefertigt. Jedes Holzteil war folglich bekannt, als wir dem Zusägen aus 12 mm starkem Birkensperrholz in einer Schreinerei und schließlich dem Bau der Kästen in der Werkstatt von Jan Bruns in Fulda begonnen haben. Dabei sind wir mit der Größe der einzelnen Kästen ganz sicher an die Grenzen unserer Möglichkeiten gestoßen. Mit der zunehmenden Zahl von Kästen wurde die Bewegungsfreiheit in der Werkstatt immer geringer, und dazu sind die einzelnen Teile nicht gerade leicht zu handeln. Aber jeder Versuch, die Kästen leichter zu machen, ging zu Lasten der Stabilität.

Parallel zum Bau der Kästen, wurden von mehreren Mitgliedern die Weichen aus Bausätzen von Modellwerk gebaut, einige davon wurden für dieses Projekt erstmals konstruiert. Auch die ersten Gebäude wie das Stellwerk Ww und der Lokschuppen sind bereits entstanden.

Es war uns aber von Anfang an klar, dass wir nicht nur für das spätere Lagern, sondern bereits für den Bau des Bahnhof Räumlichkeiten benötigen, die zumindest den Aufbau einiger Kästen am Stück ermöglichen müssten. Glücklicherweise konnte uns Joachim Wahl in seiner Werkstatt in Stadthagen für einige gemeinsame Bastelwochenenden den benötigten Platz für die Module und unsere Luftmatratzen zur Verfügung stellen. Hier konnten wir erstmals die Rohbaukästen auf eigene Beine stellen. Da wir mit dem Bau der Einfahrt aus Richtung Kassel begonnen haben, ergab sich die beeindruckende Perspektive über mehrere Segmente hinweg mit der großzügigen Kurve und dem dort sehr bewegten Gelände. Nach Grundierung der Kästen, konnten wir mit dem Verlegen der ersten Gleise beginnen. Mit voranschreitender Gleisverlegung folgten die Elektrik und der Rohbau der Landschaft. Es hat sich gezeigt, dass vor allem diese gemeinsamen Bastelwochenenden wichtig und notwendig für das Vorankommen bei diesem großen Bahnhof sind, und andererseits sind die Ergebnisse sehr motivierend für jeden einzelnen bei der Arbeit zu Hause.

Aussicht
Wir haben bereits am Rande von zwei FREMO-Treffen einzelne Kästen präsentiert. Auf der Jahrestagung 2005 in Hochdorf-Assenheim haben wir sogar Rollversuche für das Ablaufen durchführen können. Auch in Zukunft planen wir, bis zur Fertigstellung von Walburg mit Teilen oder auch dem gesamten Bahnhof für Probeaufbauten an Treffen teilzunehmen. Ein erster richtiger Probebetrieb ist zur Zeit für den Frühsommer 2006 geplant, so dass wir bis zum Jubiläumstreffen „reif“ für ein großes Arrangement sind. Hier wollen wir dann die Leistungsfähigkeit von Walburg als Knoten in einer Nebenbahn unter Beweis stellen. Martin Balser hat bereits ein Konzept dafür entwickelt, wie mit Hilfe des Ablaufbergs drei Güterzüge aus allen Richtungen vollständig zerlegt und neu gebildet werden können. Um das in einem üblichen FREMO-Fahrplan mit seiner Zeitverkürzung durchzuführen, ist es aber notwendig, dass der Ablaufberg von Walburg funktionsfähig nachgebildet wird. Auch wenn wir anfangs einen funktionierenden Ablaufbetrieb nicht unbedingt erzwingen wollten, so scheint es nach den ersten Versuchen doch möglich zu sein. Dazu benötigen wir allerdings Wagen, welche die immer wieder geforderten Mindestgewichte, korrekte Radsatzinnenmaße und leichtgängige Kupplungen besitzen. Dazu kommt noch eine gewisse Leichtgängigkeit, die sich durch qualitativ hochwertige Radsätze oder auch schon den Einsatz eines Tropfens Öl in den Achslagern erreichen lässt.

Die Vorstellung, auf dem maßstäblichen Nachbau des Bahnhofs Walburg einen funktionierenden Ablaufbetrieb durchzuführen, während der Zugbetrieb vorbildlich gesichert in drei Richtungen abläuft, ist unsere gemeinsame Vision für das Jahr 2006. Die Größe des Bahnhofs und die Komplexität beim Betriebsablauf benötigen dabei immer mehr als zwei Hände. Also haben wir uns von Anfang an zu einer Gruppe zusammen getan. Durch die unterschiedlichen Schwerpunkte der einzelnen Mitglieder, ergänzen wir uns gegenseitig. Wichtig ist uns aber auch der Austausch von Wissen und die Weitergabe von modellbauerischen Fertigkeiten auf den gemeinsamen Treffen, so dass jeder auch über das Projekt hinaus Nutzen aus unserem Tun ziehen kann. Natürlich suchen wir auch weiterhin noch Mitstreiter, die das Projekt tatkräftig, finanziell oder einfach nur ideell unterstützen wollen. Da zur Zeit bereits alle unsere Kapazitäten mit den Holzarbeiten und der Gleisverlegung gebunden sind, geht die Entwicklung des mechanischen Stellwerks nicht so recht weiter. Möglicherweise werden wir deshalb den Bahnhof zuerst auch mit einem konventionellen Stellpult ausstatten müssen. Falls aber jemand Interesse hat, unsere Gruppe zum Beispiel bei dieser Entwicklung zu unterstützen, so kann er sich gerne an uns wenden.

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